Woran das Herz hängt

Der kleine Garten vor dem Haus ist perfekt,

unkrautfrei, eine blühende Pracht,

denn ihre Tochter war am Vortag da,

rief an und kam vorbei,

um einen Karton mitzunehmen,

in dem noch etwas Kindheit steckte,

und tat ihr noch einen Gefallen,

jätete, putzte Fenster und Böden.


Alles strahlt, alles glänzt,

allerschönster Schein,

aber sie braucht das für sich,

wenn sie ein- , zweimal die Woche herkommt,

sich hier eine Auszeit nimmt,

in ihrem alten Zuhause.


Sie steht im Flur,

rückt den Fußabtreter zurecht,

damit das Willkommen lesbar ist,

für die Gäste, die nicht mehr kommen.


Die Tür fällt ins Schloss,

und sofort empfängt sie die Stille,

die Echos der Vergangenheit,

Bilder huschen vorbei,

Kinderstimmen hallen in ihren Ohren,

in ihrer Seele wieder,

die Delle in der Badtür,

der tiefe Kratzer im Wohnzimmertisch,

Lebenszeichen,

hier waren mal Menschen.


Die Wände hoch und kalt und kahl,

in den meisten Zimmern nur noch verstaubtes Gerümpel,

das Haus erdrückt sie,

je länger sie sich darin aufhält,

es nimmt ihr den Atem,

denn die Vergangenheit wiegt schwer,

viele Tränen, viele Schicksalsschläge,

fraß ihre Jugend auf,

und sie fragt sich wofür,

wenn alles was am Ende bleibt,

diese widerliche Stille ist.


Fußbodenheizung, Wintergarten,

schicke Einbauküche und Hochglanzfließen,

die nicht sauberzuhalten sind,

die sie auf Knien geschrubbt hat,

damit ein dreckiger Kinderschuh all die Arbeit zunichtemacht,

zweites Bad mit Jacuzzi,

Kraftraum und Minibar im Keller,

so verdammt vieles,

und es war doch nie genug,

für ihn, für sie,

für ihre drei Kinder,

die sich in der Welt verteilt haben.


Sie schaut in den Garten,

die Beete und die Wiese verwildert,

weil das Rheuma sie plagt,

weil sie keine Kraft und Zeit mehr hat,

für dieses große Haus,

und sie hasst sich dafür,

dass sie es immer noch nicht verkauft hat,

daran hängt, an dieser Vergangenheit,

immer wieder hierher zurückkommt.


Neuer Freund, neues Leben,

wieder Liebe und Harmonie,

aber Zweifel sind da,

und dieses Haus,

mit all seiner Stille,

mit all seinen Lasten,

gibt ihr Sicherheit,

ist ein Teil von ihr,

den sie noch nicht loslassen kann

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